Viele Menschen der LGBTQ Community dürften es als einen herben Rückschlag empfinden: Die Bundestagskandidatin Tessa Ganserer wird auf dem Wahlzettel mit ihrem Deadname bezeichnet. Der Vorname „Tessa“ steht lediglich in Klammern. Bei ihr handelt es sich um die erste offen transsexuelle Landtagsabgeordnete überhaupt.

Die Entscheidung, Ganserers „alten Vornamen“ an erster Stelle aufzuführen, wurde vor Kurzem vom bayerischen Landeswahlausschuss getroffen.

Begründet wurde der Entschluss damit, es handele sich bei dem Vorgehen um eine Art Kompromiss. Immerhin seien beide Namen aufgeführt. Dass das Ganze nicht unkomplizierter möglich ist, hat mit einem Gesetz zu tun, gegen das Ganserer seit einiger Zeit kämpft.

Tessa Ganserer und der Wahlzettel Skandal

Tessa Ganserer äußert sich auf Facebook – und spricht vielen aus dem Herzen

Ich werde verspottet, beleidigt und bisweilen bedroht. Ich habe viele demütigende Momente ertragen, aber ich lasse mir meine Menschenwürde nicht nehmen.“ erklärte die Politikerin unlängst in den Sozialen Netzwerken.

Die Tatsache, dass der besagte Deadname auf dem Wahlzettel erscheine, hat das Fass für sie schlussendlich zum Überlaufen gebracht. Sie empfindet dieses Vorgehen als eine weitere Demütigung. Daher hat sie sich dazu entschlossen, in die Defensive zu gehen und zusammen mit ihrer Anwältin eine Personenstands- und Vornamensänderung nach dem TSG zu beantragen. Allerdings soll in diesem Zusammenhang keine psychologische Zwangsbegutachtung erfolgen. Ganserer zufolge verletze ein solches Vorgehen ihre „grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechte“. Ihre Forderung: sie möchte vom Staat als Frau anerkannt und auch so behandelt werden. Abschließend schreibt sie: „Dafür werde notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen.“

Ganserer scheint es hier definitiv um mehr als „nur“ einen Namen, sondern vielmehr um ein Statement für die komplette Community zu gehen.

Doch wer ist Frau Ganserer?

Tessa Ganserer ist schon länger politisch aktiv. Seit etwa acht Jahren sitzt sie im Münchner Landtag. Sie ist die erste Politikerin, die sich offen zu ihrer Transsexualität bekannt hat und gilt innerhalb der Szene für viele als Vorbild – unter anderem auch aufgrund ihres Kampfgeistes, den sie aktuell einmal mehr unter Beweis stellt.

Bisher legte ihr Outing Ganserer offensichtlich keine „Karriere-Stolpersteine“ in den Weg. Im Gegenteil! Immerhin wurde sie von ihrer Partei zur Direktkandidatin gewählt. In den aktuellen Umfragen zeigt sich, dass sie durchaus beliebt ist und Chancen darauf hätte, die Politik in Zukunft mitzugestalten. Eines ihrer Hauptziele ist es, die Rechte für queere Menschen weiter zu unterstützen – und unter anderem das bereits erwähnte psychologische Gutachten für Transsexuelle abzuschaffen.

Die Kritik an dem System und den mit ihm verbundenen Untersuchungen ist nicht neu. Auch in den Sozialen Netzwerken äußern sich mittlerweile viele Menschen darüber, wie entwürdigend es sei, sich diesem Verfahren stellen zu müssen, um wirklich als Mann bzw. Frau anerkannt zu werden.

Tessa Ganserer und der Wahlzettel Skandal

Queere Politiker? Eigentlich nichts Neues, aber…

Im Laufe der Zeit ist auch die Politik immer toleranter und offener gegenüber Queers geworden. Unter anderem gehören mittlerweile Wowereit, Spahn und Westerwelle (verst. 2016) zu den bekanntesten homosexuellen Politikern.

Der Fall rund um Tessa Ganserer ist jedoch insofern neu, als sie die erste Politikerin ist, die sich offen zu ihrer Transsexualität bekannt hat. Insofern ist es sicherlich verständlich, dass das Vorgehen, ihren aktuellen Namen lediglich in Klammern zu setzen, auf viel Gegenwind stößt – auch und gerade in der Community.

Positiv ist dennoch, dass es den Anschein hat, als könne Ganserer sich auf den Rückhalt in ihrer Partei verlassen. Und auch wenn der bayerische Landesausschuss (noch?) anderer Meinung ist, hegt sicherlich niemand Zweifel daran, dass es genau die Entschlossenheit braucht, die Ganserer aktuell an den Tag legt, um – unabhängig von der jeweiligen Partei – Politik zu machen.

 

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One response to “Tessa Ganserer und der Wahlzettel Skandal”

  1. Selbstgemachtes Problem. Die Gesetzeslage ist wie sie ist. Da Ganserer sich u. a. als Direktkandidatin und über die Liste für den Bundestag bewirbt, muss sie geltende Gesetze einhalten, da sonst u. a. auch ihre Wahl anfechtbar wäre. Ziemlich naive Herangehensweise.
    Aber offenbar ist das Problem ihres Namens ihr Hauptthema, an dem sie sich abarbeitet.

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