Klar: Auch Menschen mit rechter Gesinnung können schwul sein. Und dennoch scheinen Outings hier immer ein wenig mehr zu verwundern. Jetzt hat sich Chris Janssens, der stellvertretende Vorsitzende der flämischen Partei Vlaams Belang aus Belgien, geoutet.
Er gab einer Zeitschrift ein Interview, in dem er ausführlich über sein Schwul-Sein und die Beweggründe für sein Outing sprach.

Rechter Politiker "Chris Janssens" hat sich geoutet

Janssens hat lange mit sich selbst gekämpft

In besagtem Interview erklärt er, dass er aus seiner Homosexualität über einen langen Zeitraum hinweg ein Geheimnis gemacht habe. Er habe hierüber auch nicht mit seiner Familie gesprochen. Dementsprechend dürften auch diejenigen, die dem Politiker besonders nahe stehen, von seinem Outing überrascht sein.
Er selbst sagt dazu, dass er schon lange über seine sexuelle Orientierung Bescheid gewusst habe. Er habe sich jedoch lange dazu entschlossen, sie zu ignorieren. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Chris Janssens einer Partei angehört, die nicht nur als europakritisch gilt, sondern auch den Plan einer Abschaffung der Anti-Diskriminierungsgesetze auf ihre Agenda geschrieben hat. Die Partei vertritt die Auffassung, dass sich besagte Gesetze nicht mit der Meinungsfreiheit vereinen lassen.

Wem steht Janssens näher? Sich selbst oder seiner Partei?

Wer als schwuler Mann einer Partei angehört, die von vielen Politikinteressierten als „homophob“ bezeichnet wird, muss sich selbstverständlich Gedanken darüber machen, wie er mit dieser „Kombination“ umgeht. Janssen scheint in seiner Auffassung sehr klar zu sein. Denn: Er bestreitet nicht, dass zu seiner Partei auch Mitglieder gehören, die sich in der Vergangenheit homophob geäußert haben.
Gleichzeitig betont Chris Janssens jedoch die Weiterentwicklung seiner Partei und empfindet es als nicht notwendig, sich im Nachhinein für die Äußerungen, die von Unterstützern seiner Partei getätigt wurden, zu entschuldigen. Hört sich fast so an, als hätte es Janssen sich zur Aufgabe gemacht, seine Partei und sein Privatleben bestmöglich zu verbinden und zu beweisen, dass das Eine (das Schwul-Sein) das Andere (die Aktivität in einer rechten Partei) nicht ausschließt. Inwieweit ihm das gelingen wird, bleibt abzuwarten.

Janssens Outing – der Politiker möchte nicht zum LGBTQI+ Botschafter werden

… genau DAS wäre aber doch eigentlich so naheliegend… . Immerhin hätte die Partei dann vielleicht eine Art „Gegenpol“ zu den homophoben Aussagen aus der Vergangenheit.
Janssen hat aber laut eigener Aussage nicht vor, für die Community in die Presche zu springen. Er wolle allein deswegen schon nicht als LGBTQI+ Botschafter auftreten, weil er der Meinung sei, dass sexuelle Orientierung und Co. zum Privatleben gehören. Das Gespräch mit der Zeitung, in dem er sein Outing öffentlich machte, dürfte damit eine Art „einmaliges Ereignis“ gewesen sein.
Schlussendlich hatte er sich nach einem Gespräch mit einem queeren Mann dazu entschlossen, auch über seine eigene Homosexualität zu sprechen. Er wolle so auch anderen Menschen helfen, mehr zu sich selbst zu stehen.

Wie stellt sich die Situation für Queers in Belgien dar?

Die belgische Gesellschaft steht Queers mittlerweile durchaus offener als noch vor Jahrzehnten gegenüber. Genaugenommen durften Homosexuelle hier schon vor etwa 20 Jahren heiraten. Vor allem in den größeren Städten gibt es zudem zahlreiche Angebote für Queers und unter anderem natürlich auch CSDs. Besonders beliebt und bekannt ist die Veranstaltung in Brüssel.
Das Outing des rechten Politikers zeigt zwar, dass sich Queerness nicht an der politischen Gesinnung festmachen lässt. In Bezug auf eine Stärkung ihrer Rechte sollte sich die Community vielleicht jedoch eher nicht auf Janssen verlassen.

 

Das waren übrigens die 6 bekanntesten und eindrucksvollsten Outings von 2021

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