Deutsche Bahn: nichtbinäre Personen bekommen eigene Anrede

Das Oberlandesgericht in Frankfurt hat der Deutschen Bahn auferlegt, eine alternative Form der Anrede für nichtbinäre Personen einzuführen. Falls dem Urteil nicht nachgekommen würde, könnte dies Geldstrafen in einer Höhe von bis zu 250.000 Euro mit sich bringen,… Und das PRO gebuchtes Ticket.

Die neuen Regelungen beziehen sich aktuell (noch?) auf die Frage- und Ausfüllbögen im Onlineticketschalter der Deutschen Bahn. Ob das Ganze noch weiter ausgeweitet werden wird, bleibt abzuwarten.

Der Grund für die Neuerungen: Bisher keine passende Anrede für nichtbinäre Personen
Wie kam es überhaupt dazu, dass die Deutsche Bahn hier umdenken muss? Der Stein wurde von Bahncard Besitzer Robin Nobicht ins Rollen gebracht. Er entschied sich vor einiger Zeit dazu, sein angeborenes Geschlecht aus seiner Geburtsurkunde entfernen zu lassen. Seither ist bei ihm „ohne Angabe“ vermerkt. Und genau das sollte nun auch auf seine anderen Dokumente übertragen werden. Dieses Vorhaben stieß jedoch an seine Grenzen. Denn: Was bei den meisten offiziellen Dokumenten kein Problem (mehr) darstellt, wurde bei der Deutschen Bahn noch nicht sehr flexibel gehandhabt.

Als Robin Nobicht also seine Bahncard aktualisieren wollte, musste er feststellen, dass als Anrede ausschließlich die Optionen „Herr“ oder „Frau“ zur Verfügung standen. Aber was, wenn eben keine dieser beiden Standardoptionen zutrifft? Nobicht empfand das Ganze als diskriminierend gegenüber nichtbinären Menschen und beschloss, aktiv zu werden. Sein Ziel: Er wollte erreichen, dass von nun an bei der DB auch nichtbinäre Personen entsprechend berücksichtigt werden.

Die Deutsche Bahn gendert nun

Das Urteil – ein Schritt in Richtung mehr Gleichberechtigung

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat dem Kläger Recht gegeben. Nun muss die Deutsche Bahn eine entsprechende Anrede für nichtbinäre Personen einfügen. Niemand sollte dazu gezwungen werden, sich zwischen zwei Optionen, die nicht zutreffen, entscheiden zu müssen. Nun hat die Deutsche Bahn ein halbes Jahr Zeit, die betroffenen Fragebögen zu aktualisieren.

Robin Nobicht erhält jedoch keinen Anspruch auf Entschädigung.
Die Deutsche Bahn versuchte, gegen das Urteil Berufung einzulegen, jedoch erfolglos. Die Unterlassungsklage bleibt weiterhin wirksam. Die alte Vorgehensweise verstoße gegen das Gleichbehandlungsgesetz.

Ein Urteil mit einer klaren Botschaft

Über das Urteil dürfte sich nicht nur Nobicht freuen. Immerhin handelt es sich hierbei letztendlich auch um ein klares Statement, das die Rechte eines Teils der Community stärkt. Wäre es nicht zu der entsprechenden Klage gekommen, hätte sich sicherlich auch in den kommenden Jahren nicht viel am Status Quo verändert.

Das Urteil und die mit ihm verbundenen Forderungen sind auch in sprachhistorischer Hinsicht interessant. Es zeigt auf, wie sich die Gesellschaft im Laufe der Zeit verändert hat und welche Schwerpunkte mittlerweile in gesellschaftlicher Hinsicht in den Fokus gerückt werden.
Aktuell ist das Urteil des Oberlandesgerichts in Frankfurt nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, wie schnell die Deutsche Bahn handeln und ihr Angebot umändern wird. Theoretisch hätte sie auch noch die Möglichkeit, sich mit einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zu wenden.

Sollte dem jedoch nicht so sein und sollten die Bögen entsprechend und wie gefordert geändert werden, dürften viele Queers erleichtert sein. Der psychologische Druck, der ergibt, wenn Menschen in ein Raster gepresst werden, in das sie schlussendlich nicht hineingehören, sollte nicht unterschätzt werden. Wer sich ein wenig Mühe macht und sich mit anderen, nicht-offiziellen Fragebögen auseinandersetzt, dürfte schnell erkennen, dass es hier noch viel zu tun gibt. Egal, ob Fitnessstudio, Vereinsmitgliedschaft oder, oder, oder: Es gibt auch heutzutage noch viele Organisationen, die nach klassischem cis-Muster arbeiten. Umso wichtiger, dass von einem großen, namhaften Unternehmen wie der Deutschen Bahn nun eine derart beeindruckende Signalwirkung ausgeht- wenn auch nicht ganz freiwillig.

 

Es gibt übrigens auch eine neue Begrüßung bei der Tagesschau

Leave a Reply